titel: Ohren auf Reisen

Durch das Hören von Podcasts oder Hörspielen, Radio etc. begeben wir uns in eine andere Welt, wir verreisen mit dem Kopf. Und auch bei echten Reisen: Die Playlists, Radiosender oder CDs werden als Alternative zum Fahrtwind wie ein Ritual oder eine Tradition gepflegt und weitergegeben.

Die Ohren kommen also mit in den Urlaub, und das ist auch gut so. Denn auch unsere Ohren brauchen hinundwieder mal eine Pause.

Das Hörspiel als Raststätte für die Ohren.

Wobei, der Vergleich mit den typischen Autobahnraststätten ist viellleicht gar nicht so Charmant. In der Regel sind das keine Orte, an dehnen die Fernreisenden wirklich zur Erholung kommen könnten. Fiese Gerüche in der Nase, schlechtes Essen im Mund, Müll in der Böschung – und der Rest: ist Betoniert.

Zu allem Überfluss dann noch das gleichförmige Grundrauschen, das von der Asphaltpiste herüberweht. Aber gut, mit etwas Phantasie kündigt sich dadurch wenigstenst akustisch schon die brausende Brandung des erholsamen Meeres an.

Urlaub und Erholung auch für die Ohren. Warum eigentlich?

Das Ohr reicht weiter als alle anderen Rezeptionsorgane, das Ohr geht um die Ecke, das Ohr drückt sich durch Wände, das Ohr koordiniert die Umwelt. Das Ohr informiert uns über Größe und Entferung von Objekten und sogar über unsere eigene Position und Lage im Raum. Das Ohr schläft nicht und ist ständig damit beschäftigt, die Wirklichkeitsbeweise unserer Zivilisation zu verarbeiten.

Aus empirischen Studien von Physiologen ist bekannt, dass die Umweltwahrnehmung am meisten gestört ist, wenn das Ohr ausfällt. Blinde oder erblindete Kinder können nach einigem Training ihre Umweltwahrnehmung fast vollständig DER von sehenden Kindern angleichen. Taube Kinder, die sehen können, brauchen eine unverhältnismäßig längere Ausbildung, um auch nur den Bruchteil einer solchen Umweltwahrnehmung zu erreichen.

Trotz solcher Erkenntnisse sind wir in unserem Alltag viel zu oft unangenehmem Lärm ausgesetzt, der uns nachgewiesenermaßen körperlich und seelisch ermüdet. Dabei sind Konzentrationsschwierigkeiten und Kopfschmerzen noch die kleinsten Übel. Die Wirkungen solcher Lärmbelästigungen sind nicht auf das Ohr beschränkt sondern wirken auf Herz und Kreislauf, die sensitive Wahrnehmung und können die Lebenserwartung drastisch verkürzen. Glücklicherweise nimmt das Bewusstsein für die akustische Umweltgestaltung bei z.B. Städteplanung oder Architektur langsam zu.

Aber auch zuhause ist das Summen, Ticken und Brummen oft viel Lauter als uns bewusst ist. Kühlschränke, Computerlüfter und oft auch Geräte im Standby erzeugen in der Summe eine überraschend laute Geräuschkulisse.
Das Ohr besitzt die überaus nützliche Fähigkeit, andauernde Reize, wie zum Beispiel DEN einer lauten Lüftungsanlage für uns herauszufiltern. So können wir uns schnell an solche Umgebungen gewöhnen, ohne uns je bewusst gestört zu fühlen. Dieses Herausfiltern aber : ist Ermüdend. Meistens nehmen wir das einfach so hin, obwohl es überraschend oft Möglichkeiten gibt, unsere Umwelt etwas leiser zu gestalten. Zeitschaltuhren, Lüfter säubern oder Türdichtungen erneuern.

Ein einfaches Experiment kann helfen, überhaupt erst mal das Bewusstsein für die täglichen Geräusche um uns herum zu schärfen. Ihr könnt einfach mal zu dem Sicherungskasten in eurem Haus oder eurer Wohnung gehen und den Hauptschalter umlegen. Davor solltet Ihr natürlich sicher gehen, dass keines der angeschlossenen Geräte durch eine Stromunterbrechung beschädigt wird. In jedem Fall werdet Ihr überrascht sein, wie leise es auf einmal ist.

Um zu verstehen wann es sinnvoll ist, den Ohren mal eine Auszeit zu gönnen, ist vor allem ein Bewusstsein über die akustische Umwelt wichtig. Also einfach mal öfter hinhören, was um uns herum so passiert. Wie laut, leise oder intensiv die Geräusche sind.

Und - Wenn wir Urlaub machen, sollten wir also in jedem Fall unsere Ohren mitnehmen.